Geburt

Bindung und die Geburt unseres Kindes

In diesem Artikel schreibe ich über die Erfahrung von unsicherer Bindung als Blaupause für unser weiteres Leben - auch für die Geburt. Triggerwarnung! Dieser Text kann Dich als angehende Mama aktivieren. Bitte sorge gut für Dich!

Was unsere Bindungserfahrung mit der Geburt unseres Kindes zu tun hat

Die Blaupause unsere Lebens

Unsere Bindungserfahrung ist die prägendste Erfahrung unseres Lebens. Am allerprägendsten sind die ersten 9 Monate im Bauch unserer Mutter sowie die darauffolgenden ersten 6 Lebensjahre.
Unsere Bindungserfahrung ist die Blaupause unseres Lebens und bestimmt über verinnerlichte Annahmen über uns und die Welt. Diese Blaupause nutzen wir für unser ganzes Leben – unbewusst und ungefragt. Zumindest so lange, bis wir es nicht bewusst erforschen und gegebenenfalls verändern.

Im Kontext von Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft wird diese prägende Bindungserfahrung automatisch und unbewusst wieder aktiviert. Dies beginnt bereits, wenn unser Baby im Bauch wächst und reift. Unsicherheiten, Widersprüchlichkeiten und auch Ängste werden bereits frühzeitig (wieder) aktiviert.
War unsere Mutter (oder auch unser Vater) beispielsweise zu uns als Kind widersprüchlich in ihrem Verhalten - etwa, wenn wir hinfielen und sie uns einerseits tröstete, andererseits zugleich für unseren vermeintlichen Fauxpas rügte/entwertete - kann dies über die fortwährenden Wiederholungen zu starken Unsicherheiten in unserer Bindungserfahrung führen.
Ein cholerischer Vater, der viel Leistung forderte und nur aufmerksam war, wenn wir „die Beste“ waren, kann ebenso zu einer Erfahrung von tief-prägender Unsicherheit führen.

Es fällt nicht schwer, aus diesen Verhaltensweisen der Eltern Glaubenssätze abzuleiten. Etwa wie „Nur wenn ich immer perfekt aussehe/leiste/… bin ich wertvoll und werde gemocht“. Ein solcher Glaubenssatz, auf der Basis einer unsicheren Bindungserfahrung, führt in der Regel bei betroffenen Menschen zu Dauerstressreaktionen. Und leider auch zu Selbstannahmen, die in der Essenz über sich selbst sagen: „So, wie ich bin, bin ich falsch“. Ein Teufelskreis, der unauthentisches, kontrollierendes oder selbst-destruktives Verhalten nach sich zieht. Der nach sich zieht, die eigenen Bedürfnisse nicht zu spüren - sie häufig nicht einmal zu kennen.

Stattdessen: es anderen immer recht machen wollen.
Sich zurück nehmen.
Angst vor Konflikten.
Sich ständig fragen, was denken die anderen von mir.
Und so weiter und so weiter.

Foto: Anika Krickl

Unser Nachwuchs als Aktivierung alter Verletzungen

Nun kommt das Baby.
Häufig führt unsere moderne Schwangerenvorsorge und Geburtsvorbereitung leider dazu, dass negative Grundannahmen schon frühzeitig aktiviert werden. Unsicherheiten den eigenen Fähigkeiten gegenüber: z.B. das Kind natürlich gebären oder die Mutterschaft bewältigen zu können. Bindungsbezogener Stress wird also bereits in der Schwangerschaft leicht aktiviert.
Leider vermindert Stress die Selbst-Bindung. Und ohne Bindung an uns können wir auch nur schwer mit anderen - beispielsweise unserem Baby - Verbindung aufnehmen.

Innehalten

Solltest Du möglicherweise jetzt eine Stressreaktion in Dir wahrnehmen, lade ich Dich ein, einmal tief durchzuatmen.
Gern ein weiteres Mal.
Und noch einmal.
Spüre Deine Füße, wie sie den Boden berühren!
Schau Dich um in Deinem Zimmer!
Nimm Dir etwas Zeit!

Denn ich schreibe all dies nicht, um den Stress in Dir zu aktivieren, sondern vielmehr um Deine Bewusstheit zu aktivieren. Und v.a. - so hoffe ich von ganzem Herzen - Dein Mitgefühl mit Dir selbst!
Unsichere Bindungserfahrungen suchen wir uns nicht aus (zumeist haben sich dies auch die Menschen, von denen wir sie „geerbt“ haben nicht ausgesucht). Wir wurden da hinein geboren und mussten damit zurecht kommen.
Und das haben wir geschafft - bis hierher.

Die Ankunft eines neuen Erdenwesens indes lädt insbesondere uns Mütter ein ums andere Mal ein, etwas Altes zu transformieren. Zu heilen, was verletzt wurde.
Eine neue Bindung ist im Entstehen. Dies darf Dich einladen, Deine Bindung besser zu verstehen. Und bereits früh zu forschen, wie viel (Dauer)Stress in Dir ist.

Foto: Julia Thiele

Bindungsunsicherheit und Geburt

Bindungsunsicherheit wirkt sich auch auf Geburten negativ aus. Die moderne Geburtshilfe kann sehr schnell die negativen Selbstannahmen, die eine Frau über sich selbst hat, aktivieren.
Eine positiv erlebte Geburt profitiert davon, dass die Gebärende ihre eigenen Bedürfnisse spüren und dafür Sorge tragen/Sorge tragen lassen kann.
Wenn wir stattdessen verinnerlicht haben, dass es gefährlich ist, überhaupt Bedürfnisse zu haben, werden wir hier in Schwierigkeiten geraten.
Erschwerend bei der Geburt kommt hinzu, dass Stress die Hormonausschüttung geburtsrelevanter Botenstoffe vermindert, wie etwa das Prostaglandin. Zudem strafft ein gestresster Gebärkörper die Schließmuskeln an der Vagina und am Muttermund, so dass der Geburtsprozess verlangsamt wird.

Bindungsunsicherheit führt bei vielen Betroffenen dazu, dass sie Schwierigkeiten damit haben anderen vertrauen zu können. Sich bei anderen sicher zu fühlen. Auch dies kann Stressreaktionen nach sich ziehen. Moderne Geburtshilfe sieht bei den meisten Frauen so aus, dass sich die Gebärende, wenn es „so weit ist“ auf den Weg in fremde Räumlichkeiten, zu fremden Menschen macht. Es fällt nicht schwer, hier auf die Idee zu kommen, dass dies eine bindungsverunsicherte Frau in Stress versetzt.

Auch nun bitte ich Dich wieder durchzuatmen.
Nochmal. Und nochmal.
Spüre Dich. Deine Füße. Schau Dich um!
Lies bitte erst weiter, wenn etwaiger Stress reguliert ist.

Foto: Anika Krickl

Die guten Nachrichten

Manchmal ist es ein langer Weg zu lernen, dass wir überhaupt Bedürfnisse haben. Das sich dieser lohnt, kann ich Dir aus meinen verschiedensten Erfahrungen und aus vollem Herzen sagen! Es lohnt sich!

Und weißt Du: auf diesem Weg gibt es eine Reihe von Meilensteine.
Auf diesem Weg zählt jeder Schritt.

Der erste, ganz essentielle Schritt heißt: nimm Dich und Deinen Stress ernst.
Denke nicht, so „muss“ es eben sein. Und: „es geht schon irgendwie“.
Du bist es wert, ein leichteres Leben zu führen. Ein verbundeneres Leben.

Der nächste Schritt heißt: Spüre Dich. Immer und immer wieder.
Akzeptiere, was Du fühlst und lauf bitte nicht davor weg!
Du bist es wert, da zu bleiben. An Deiner Seite. Und Dir die Hand zu reichen.

Ein weiterer Schritt kann sein, sich Hilfe zu suchen.
Nicht (mehr) damit allein zu sein, was sich unsicher und stressig in Dir anfühlt. Mit achtsamen Freund*innen darüber zu sprechen oder auch sich professionelle Hilfe zu suchen.
Denn: das, was in Beziehung verletzt wurde, braucht achtsame Beziehungen um heilen zu können.

Und glaub mir: Du bist NICHT allein damit.
Glaub mir: alle anderen können es NICHT besser (Hallo negative Selbstannahme - ich kann Dich NICHT bestätigen).

Ich hoffe von Herzen, Dich mit meinen Worten erreichen zu können. Dir Mut zu machen, Dich Dir selbst in Liebe und Annahme zuzuwenden. Geh den Weg - in Deinem Tempo, mit allem was zu Dir gehört.

Von Herzen, Bea.

Bleib mit mir in Verbindung.
Ich erinnere Dich daran, mit Dir in Verbindung zu sein.

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